Erste Hilfe beim Sturz vom Wickeltisch
Erste Hilfe beim Sturz vom Wickeltisc
Liebe Patienten,
einige haben letzte Woche mitbekommen, dass der Notarzt in der Praxis war. Manchmal geht es doch schneller, als man denkt, dass sich die Babys plötzlich das 1. Mal drehen. Oft ist das noch völlig ungeplant und eher zufällig. Im falschen Moment jedoch, können die Auswirkungen verheerend sein. Das mussten auch die Eltern von einem meiner kleinen Patienten feststellen.
Er war morgens zu Hause vom Wickeltisch „gekullert“. Seine Eltern konnten sich das gar nicht erklären- es ging alles so schnell. Da er nach dem Sturz durch das Trinken an der Brust gut zu beruhigen war, sind sie nicht ins Krankenhaus gefahren. Zufällig hatten sie einen Behandlungstermin bei mir in der Praxis, da der Kleine die letzten Wochen mit Bauchschmerzen zu tun hatte und sie ihn einfach mal nach der Geburt „durchchecken“ lassen wollten. Leider hat sich meine Vermutung bestätigt, dass er eine Hirnblutung hatte. Nach 7 Tagen auf der Intensivstation ist der kleine Mann nun aber zum Glück wohlauf und kann bald wieder nach Hause.
Aufgrund dieser aktuellen Ereignisse in der Praxis, möchte ich Ihnen gerne noch ein paar Tipps geben, wie Sie sich am besten verhalten, wenn Ihr Kind doch einmal vom Wickeltisch, vom Bett, aus dem Kinderwagen oder vom Sofa fällt:
1. Grundsätzlich würde ich empfehlen, jeden größeren Sturz sicherheitshalber vom Arzt abklären zu lassen. Selbst wenn Ihr Gegenüber mit den Augen rollt und Ihren vorwirft, Sie seien übervorsichtig, kann Ihnen niemand verübeln, dass Sie um eine ärztliche Beurteilung bitten. Da man innere Verletzungen nur selten auch von außen erahnen kann, ist eine professionelle Abklärung durch den Arzt manchmal notwendig und rettet Leben.
2. Beobachten Sie Ihr Kind- Sind äußere Verletzungen sichtbar? Hat es nach dem Sturz geschrien? Ist es normal wach oder schläfriger, obwohl es eigentlich noch keine Zeit fürs Bettchen ist? Wie ist die Gesichtsfarbe- ist Ihr Kind blass, muss es vielleicht sogar erbrechen? Reagiert die Pupille (das Schwarze in der Mitte des Auges) auf Licht und ist sie auf beiden Seiten gleich groß?
3. Tasten Sie Ihr Kind ab- gibt es Beulen und Schwellungen? Besonders bei gelartigen, weichen Schwellungen, muss unbedingt ein Schädelbruch ausgeschlossen werden.
4. Wie und aus welcher Höhe erfolgte der Sturz? Je tiefer Ihr Kind gestürzt ist, desto größer ist die Gefahr, dass etwas passiert sein kann. Natürlich hängt die Wahrscheinlichkeit noch von anderen Faktoren ab: Auf welchen Boden ist Ihr Kind gefallen (Teppich, Steinboden, Parkett)? Ist es auf den Kopf gefallen oder auf die Seite? Haben Sie den Sturz beobachten können?
5. Wann sollten Sie in jedem Fall ins Krankenhaus fahren? Wenn sich Ihr Kind nicht so verhält wie sonst, sollten Sie auf jeden Fall misstrauisch werden. Bewusstseinseinschränkungen; Flüssigkeit, die aus den Ohren oder aus der Nase
austritt, Erbrechen oder eine Pupillendifferenz sind Anzeichen einer Verletzung des Kopfes, eine innere Blutung oder eine Gehirnerschütterung und müssen unbedingt so schnell wie möglich abgeklärt werden! Zu den sogenannten Hirndrucktrias zählen Kopfschmerzen, Erbrechen und eine Stauungspapille. Verdrehen die Säuglinge den Augapfel nach unten spricht man vom „Sonnenuntergangs- Phänomen“. Atemstörungen und Bewusstseinsstörungen dürfen nicht unterschätzt werden. Wenn Ihr Kind sonst sehr agil ist und plötzlich auffallend ruhig ist und viel schläft, vielleicht sogar schwer erweckbar ist, fahren Sie lieber einmal mehr zum Arzt, um abklären zu lassen, ob alles ok ist.
6. Was kann die Osteopathie nach einem Sturz leisten? Wenn von schulmedizinischer Seite abgeklärt ist, dass Ihr Kind den Sturz unbeschadet überstanden hat, lohnt es sich möglicherweise, noch einen Osteopathen/ eine Osteopathin drauf schauen zu lassen. Durch einen Sturz ist es nämlich möglich, dass Blockaden entstehen oder sich Spannungen im Schädelbereich aufbauen, die später Probleme machen können. Da der Schädel bei den Kindern oft noch recht weich ist und die Schädelknochen erst nach und nach verknöchern, können Spannungen und kleine Verschiebungen, die durch Stürze entstanden sind, meist sehr schnell durch die osteopathische Behandlung korrigiert werden. Auch Blockaden sollten nicht über zu lange Zeit bestehen bleiben, da sie die optimale Entwicklung Ihres Kindes negativ beeinflussen können. So kann es beispielsweise zu Entwicklungsverzögerungen kommen.
7. Wie kann ich einen Sturz verhindern? Wenn Ihr Kind auf Wickeltisch, Sofa, Bett oder anderweitig erhöht liegt, lassen Sie es nicht unbeaufsichtigt. Haben Sie bestenfalls immer mit einer Hand Kontakt, sodass Sie es notfalls festhalten können. Schauen Sie, dass Sie zumindest eine Begrenzung mit dem Stillkissen „bauen“ oder noch besser- einfach eine Decke auf den Boden legen und im Zweifelsfall dort wickeln- da kann Ihr Kind nicht tief fallen 🙂